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Kündigungsverzicht durch einen unwirksam vereinbarten Zeitmietvertrag

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Erweist sich die Vereinbarung eines Zeitmietvertrags als unwirksam, weil die nach § 575 Abs. 1 Satz 1 BGB erforderlichen Voraussetzungen nicht erfüllt sind, kann dem bei Vertragsschluss bestehenden Willen der Mietvertragsparteien, das Mietverhältnis nicht vor Ablauf der vorgesehenen Mietzeit durch ordentliche Kündigung nach § 573 BGB zu beenden, im Einzelfall dadurch Rechnung getragen werden, dass im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung an die Stelle der unwirksamen Befristung ein beiderseitiger Kündigungsverzicht tritt, der eine ordentliche Kündigung frühestens zum Ablauf der (unwirksam) vereinbarten Mietzeit ermöglicht.

Im vorliegend vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall war die im Mietvertrag vorgesehene Befristung unwirksam, Denn die Befristung eines Mietverhältnisses über Wohnraum ist gemäß § 575 Abs. 1 Satz 1 BGB nur zulässig, wenn der Vermieter die Räume nach Ablauf der Mietzeit als Wohnraum für sich oder seine Familien- oder Haushaltsangehörigen nutzen will oder die Absicht hat, die Räume zu beseitigen oder so wesentlich zu verändern oder instand zu setzen, dass die Maßnahmen durch eine Fortsetzung des Mietverhältnisses erheblich erschwert würden, und der Vermieter dem Mieter den Befristungsgrund bei Vertragsschluss schriftlich mitteilt. Jedenfalls an der letzteren Voraussetzung fehlt es im Streitfall.

Von Rechtsirrtum beeinflusst ist hingegen für den Bundesgerichtshof die Annahme des Landgerichts Memmingen, infolge der Unwirksamkeit der Befristung greife die gesetzliche Rechtsfolge des § 575 Abs. 1 Satz 2 BGB ein, dass das Mietverhältnis als auf unbestimmte Zeit geschlossen gilt und unter den Voraussetzungen des § 573 BGB (auch) ordentlich gekündigt werden kann. Vielmehr ist durch die Unwirksamkeit der von den Parteien gewollten Regelung eine planwidrige Vertragslücke entstanden. Wie der Bundesgerichtshof bereits entschieden hat, ist die Lücke in derartigen Fällen im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung (§§ 133, 157 BGB) unter Berücksichtigung dessen zu schließen, was die Parteien redlicherweise vereinbart hätten, wenn ihnen die Unwirksamkeit der vereinbarten Vertragsbestimmung bekannt gewesen wäre.

Dies bedeutet für den Streitfall:

Aus der Aufnahme der zeitlichen Befristung in den Mietvertrag wird der bei Vertragsschluss beiderseits bestehende Wille der Vertragsschließenden deutlich, dass das Mietverhältnis jedenfalls für diese Zeit Bestand haben sollte. Diesem Parteiwillen wird die an sich infolge der Unzulässigkeit der Befristung eintretende gesetzliche Rechtsfolge des § 575 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht gerecht; denn die Parteien wollten ersichtlich, dass das Mietverhältnis nicht vor Ablauf der Befristung durch Kündigung nach § 573 BGB beendet werden kann. Hätten die Parteien die Unwirksamkeit der von ihnen gewollten Befristung erkannt, hätten sie die dadurch entstandene Vertragslücke daher redlicherweise dahin geschlossen, dass an die Stelle der unwirksamen Befristung ein beiderseitiger Kündigungsverzicht in der Weise tritt, dass eine Kündigung frühestens zum Ablauf der vereinbarten Mietzeit möglich ist. Auf diese Weise wird das von beiden Vertragsparteien erstrebte Ziel einer Bindung für die im Vertrag bestimmte Zeit erreicht.

Die Auffassung der Vorinstanzen, ein Kündigungsverzicht könne im Streitfall deshalb nicht angenommen werden, weil die Parteien die dafür vorgesehene Textstelle im vorformulierten Mietvertrag nicht ausgefüllt hätten, trifft nicht zu. Dass die Parteien den entsprechenden Punkt des Mietvertrags nicht ausgefüllt haben, lässt keinen Rückschluss auf den Parteiwillen zu. Denn die Parteien hatten bei Vertragsschluss keinen Anlass, einen beiderseitigen Kündigungsverzicht zu vereinbaren, weil sie die vereinbarte Befristung (irrtümlich) für wirksam angesehen haben.

Der Räumungsanspruch der Vermieter kann auch nicht mit der Erwägung bejaht werden, die ausgesprochene Kündigung habe das Mietverhältnis jedenfalls zum Ablauf der von den Parteien gewollten Bindungsfrist (31.10.2012) beendet; denn der Kündigungserklärung kann ein derartiger Wille der Vermieter nicht mit der erforderlichen Sicherheit entnommen werden, zumal sich der geltend gemachte Eigenbedarfsgrund in den zwei Jahren seit dem Ausspruch der Kündigung geändert haben kann.

Bundesgerichtshof, Versäumnisurteil vom 11. Dezember 2013 – VIII ZR 235/12


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